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Sascha van Beek: Ein starkes Land beginnt im Dorf

Aktualisiert: 24. Dez. 2024

„Warum reden die in Berlin so oft über den ländlichen Raum, aber so selten mit ihm?“ Das frage ich mich häufig. Als Bundestagskandidat der CDU für unseren Wahlkreis ist es mein Anliegen, das Gefühl des Abgehängtseins, das viele Menschen in ländlichen Regionen empfinden, ernst zu nehmen und Lösungen zu finden. Ich bin aufgewachsen in Sonsbeck, der kleinsten Gemeinde im Kreis Wesel, und lebe heute mit meiner Familie im beschaulichen Alpen-Veen, inmitten von Wiesen und Wäldern. Für mich ist das Leben hier weit mehr als Kulisse: Es ist ein Sinnbild für Zusammenhalt, Tatkraft und Werte, die unser Land prägen. Und doch spüre ich, dass Menschen in vielen ländlichen Regionen in unserem Land oft mit einer großen Enttäuschung zurückbleiben.


Ein Blick auf die Wahlergebnisse der letzten Landtagswahlen zeigt, dass dieses Gefühl des „Abgehängtseins“ keineswegs nur ein regionales Phänomen im Osten ist. In ländlichen Gebieten in ganz Deutschland, von Niedersachsen bis Bayern, sehen wir, wie immer mehr Menschen ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen, indem sie radikale Parteien wählen – nicht aus Überzeugung, sondern aus Enttäuschung und Frust über das, was sie als mangelnde Vertretung durch die Parteien der Mitte empfinden. Ich sehe es als meine Aufgabe an, diese Unzufriedenheit ernst zu nehmen und dafür zu sorgen, dass sich der ländliche Raum wieder als wichtiger und geschätzter Teil unseres Landes fühlt.

 

Das Gefühl des Abgehängtseins: Ein Blick auf die Wahlergebnisse und die Gründe dahinter

Nicht nur im Osten Deutschlands, sondern in ländlichen Regionen des gesamten Landes steigt der Anteil der Menschen, die sich von der Politik abgewandt haben und alternative Parteien wählen. Diese Entwicklung beobachten wir in Sachsen, Brandenburg und Thüringen, aber ebenso in Bayern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. Gerade in Kreisen mit vielen kleinen Gemeinden, langen Wegen zur nächsten Stadt und oft auch wirtschaftlichen Herausforderungen fühlen sich viele Menschen übergangen. Diese Entfremdung zeigt sich zunehmend in Wahlergebnissen: In Sachsen wählte bei der letzten Landtagswahl fast jeder dritte Bürger die AfD, und ähnliche Muster finden sich auch in anderen ländlichen Gebieten.


Aber was treibt die Menschen in diese Haltung der Enttäuschung? Es ist oft das Gefühl, dass Entscheidungen in Berlin getroffen werden, ohne die Bedürfnisse und Strukturen des ländlichen Raums zu berücksichtigen. Die mangelnde Infrastruktur, die weiten Wege zur medizinischen Versorgung, der Rückzug von Behörden und öffentlichen Einrichtungen – all dies führt zu einem tiefen Gefühl des Abgehängtseins. Diese Entfremdung ist gefährlich, denn sie bedroht nicht nur die politische Teilhabe, sondern auch den Zusammenhalt unserer Gesellschaft im ganzen Land.

 

Die „Landquote“ als augenzwinkernder Denkanstoß

Wenn ich über die ländlichen Regionen spreche, bringe ich gern scherzhaft die Idee einer „Landquote“ ins Spiel. Wir leben in einer Zeit, in der wir für vieles Quoten einführen – sei es für Frauen in Führungspositionen, für Diversität in der Wirtschaft oder den Klimaschutz in städtischen Projekten. Warum also nicht auch eine Quote für den ländlichen Raum? Wir brauchen mehr Menschen mit echter Erfahrung im ländlichen Raum in den politischen Entscheidungsprozessen. Das Bewusstsein für die ländliche Perspektive fehlt in der Politik oft, und eine solche Landquote könnte darauf aufmerksam machen, dass wir dieses Defizit ausgleichen sollten.


Eine „Landquote“ wäre sinnbildlich dafür, dass wir uns gezielt dafür einsetzen müssen, dass die Perspektive des ländlichen Raums in die großen politischen Entscheidungen einfließt. Ein Abgeordneter, der weiß, was es bedeutet, wenn der einzige Bäcker im Dorf schließt oder der Bus nur zweimal täglich fährt, wird Politik anders gestalten als jemand, der ausschließlich das städtische Leben kennt. Wir brauchen mehr Menschen in politischen Gremien, die die Herausforderungen und Stärken des ländlichen Raums aus eigener Erfahrung kennen.

 

Das Konzept der Ländlichen Gesetzesfolgenabschätzung: Ein Instrument für gerechtere Entscheidungen

Eine konkrete Maßnahme, die ich vorschlage, ist die Einführung einer verpflichtenden „Ländlichen Gesetzesfolgenabschätzung“. Diese Gesetzesfolgenabschätzung würde sicherstellen, dass jedes neue Gesetz nicht nur auf seine allgemeinen Auswirkungen geprüft wird, sondern auch auf seine spezifischen Folgen für ländliche Gebiete. Dabei ginge es darum, dass Gesetze, die in Berlin beschlossen werden, nicht nur aus der Perspektive der Metropolen betrachtet werden, sondern auch die Interessen und Bedürfnisse ländlicher Regionen einbeziehen.


Beispielsweise könnte das Instrument darauf hinwirken, dass bei großen Infrastrukturprojekten wie Straßen- und Schienenbauprojekten die Bedürfnisse ländlicher Gebiete angemessen berücksichtigt werden. In einer Gemeinde, die nur eine einzige Hauptstraße hat, könnte der Bau einer Umgehungsstraße enorme Veränderungen mit sich bringen, die positive wie negative Auswirkungen auf das Leben der Menschen vor Ort haben. Diese Folgen sollten vorab geprüft werden, sodass Infrastrukturprojekte tatsächlich die Lebensqualität verbessern und nicht unbeabsichtigt zu mehr Abwanderung führen.

Auch bei der Gesundheitsversorgung könnte die Ländliche Gesetzesfolgenabschätzung helfen. Während Städte oft eine Vielzahl von Kliniken und Arztpraxen bieten, sind Menschen auf dem Land häufig gezwungen, weite Strecken zurückzulegen, um einen Arzt zu erreichen. Ein Gesetz, das den Abbau weiterer Kliniken oder die Verteilung von Hausärzten regelt, sollte also immer auch die Situation im ländlichen Raum berücksichtigen, um diese Regionen nicht zusätzlich zu belasten.

 

Die Bedeutung der Landwirtschaft: Ein Dialog mit der Basis und klare Lösungen

Die Landwirtschaft ist das Herzstück vieler ländlicher Regionen in Deutschland, doch Landwirte fühlen sich zunehmend unverstanden und in ihrer Existenz bedroht. Die jüngsten Bauernproteste zeigen deutlich, wie sehr die Agrarpolitik der letzten Jahre auf Widerstand in der Basis stößt. Landwirte sehen sich konfrontiert mit strengen Umweltauflagen, niedrigen Marktpreisen und einem internationalen Wettbewerb, der es ihnen schwer macht, wirtschaftlich zu überleben. Doch was die Enttäuschung verstärkt, ist das Gefühl, dass ihre eigenen Interessenvertretungen auf Bundesebene nicht mehr für sie sprechen.


Viele Landwirte hadern mittlerweile mit ihren Verbänden, denen sie vorwerfen, zu sehr auf eine Politik des Kompromisses und der Anpassung an internationale Vorgaben zu setzen. Was fehlt, sind klare und nachvollziehbare Lösungen, die die wirtschaftliche Lage der Bauern verbessern, ohne dass sie das Gefühl haben, dass man über sie hinweg entscheidet.


Es ist Zeit, dass die Politik in Berlin auf die Bedenken der Landwirte eingeht und gemeinsam mit ihnen Lösungen erarbeitet. Dazu gehört, realistische Umweltauflagen zu setzen, die auch wirtschaftlich tragbar sind, sowie faire Marktbedingungen zu schaffen, in denen auch kleinere Betriebe überleben können. Wir brauchen mehr Werkstattgespräche mit Praktikern in Berlin, anstatt Runden und Kommissionen mit vermeidlichen „Experten“.

 

Energiewende und ländlicher Raum: Wie ein fairer Beitrag zur Energieversorgung aussehen kann

Ein besonders wichtiges Thema ist die Energiewende. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist notwendig, doch er findet fast ausschließlich auf dem Land statt – Windparks, Solarfelder, Biogasanlagen und Stromtrassen prägen das Landschaftsbild zunehmend. Die Zukunft der Energieversorgung wird im ländlichen Raum entschieden, weil Städte schlichtweg den Raum nicht haben, um diese großen Anlagen zu bauen. Doch wie können wir die Akzeptanz der Menschen gewinnen, die mit und neben diesen Anlagen leben?

Ich finde, dass viel mehr ein Teil der Gewinne, die durch erneuerbare Energien generiert werden, direkt in die Gemeinden zurückfließen müssen. Dieser Gewinnrückfluss könnte in Projekte wie den Erhalt von Schulen, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs oder die Förderung lokaler Unternehmen investiert werden. Wenn Menschen das Gefühl haben, dass sie nicht nur die Last der Energiewende tragen, sondern auch unmittelbar davon profitieren, wird die Akzeptanz steigen. So schaffen wir eine Energiewende, die nicht nur von Städten, sondern auch vom ländlichen Raum getragen wird.

 

Der Wolf zwischen Märchen und Realität: Ein Beispiel für die Unterschiede zwischen Stadt- und Landperspektive

Ein weiteres Beispiel dafür, wie unterschiedlich Stadt und Land Herausforderungen bewerten, ist der Umgang mit dem Wolf. In den Städten wird der Wolf oft als faszinierendes Symbol für Wildnis und Artenschutz gesehen. In ländlichen Regionen jedoch hat die Rückkehr des Wolfes sehr konkrete Auswirkungen: Nutztiere wie Schafe, Ziegen und sogar Jungvieh sind immer häufiger von Wolfsangriffen betroffen. Während man in der Stadt die Schönheit der Natur bewundert, müssen Landwirte und Schäfer ihre Herden schützen und erleben dabei oft existenzielle Sorgen.


Ein pragmatischer Umgang mit dem Wolf, der die Bedürfnisse des Artenschutzes und die Realität der Nutztierhaltung in Einklang bringt, ist dringend notwendig. Es wird nicht ohne gezielte Abschüsse gehen, wenn der Schutz unserer Nutztiere und die Sicherheit auf Weiden sowie der Hochwasserschutz durch Deiche gewährleistet bleiben soll. Dazu gehört, dass die Regulierung des Wolfsbestands ebenso ernsthaft und realistisch angegangen wird wie der Artenschutz selbst. Wir brauchen klar geregelte Maßnahmen, die es ermöglichen, in Problemfällen zügig zu handeln, ohne dass Schäfer und Landwirte sich im Stich gelassen fühlen.


Neben diesen Maßnahmen sollten Entschädigungen für gerissene Tiere schnell und unbürokratisch bereitgestellt werden. Der Wolf ist ein faszinierendes Wildtier, aber auch er muss in einem Kontext betrachtet werden, der die ländliche Realität respektiert und die Bedürfnisse der Menschen einbezieht, die in den betroffenen Regionen leben und arbeiten.

 

Zusammenhalt von Stadt und Land: Ein Land, das gemeinsam stark ist

Der ländliche Raum ist für mich kein Randgebiet. Er ist ein essentieller Teil unseres Landes und unserer Kultur. Wenn ich mir vorstelle, was es heißt, Deutschland zu gestalten, dann denke ich an unsere Dörfer und Kleinstädte, an die Werte und den Pragmatismus, der hier gelebt wird. Doch wenn wir diese Regionen vernachlässigen, dann spalten wir das Land in zwei Lager.


„Ein starkes Land beginnt im Dorf,“ sage ich gern, weil ich überzeugt bin, dass wir nur gemeinsam wirklich stark sind. Die Themen des ländlichen Raums gehören in den Fokus der politischen Diskussion, nicht nur bei Wahlen, sondern langfristig. Wenn wir dieses Ziel erreichen, dann können wir das Vertrauen und den sozialen Zusammenhalt wieder stärken – auch in den entlegensten Winkeln unseres wunderschönen Heimatlandes.

 


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